Liberty News - Was können Versicherte von ihrer Pensionskasse 2023 erwarten?

Unter dem Titel ‘Trends bei Pensionskassen’ hat der Pensionskassenberater Complementa seine neueste Studie «Risiko-Check-Up 2023» präsentiert. Darin zeigt er sich für dieses Jahr optimistisch, warnt aber vor weiteren Herausforderungen.

2022 war für Schweizer Pensionskassen ein herausforderndes Jahr. Neben geopolitischen Spannungen, wie dem Ukraine-Krieg, war ein deutlicher Anstieg der Inflationsraten zu beobachten. Die Zentralbanken haben ihre Geldpolitik deshalb rasch und sehr deutlich gestrafft, indem sie die Zinsen anhoben. Als Konsequenz rentierten sowohl Obligationen als auch Aktien negativ. Die Complementa-Studie zeigt, dass die Pensionskassen 2022 eine negative Rendite von im Schnitt -8.6% verbuchen mussten. Dagegen ist das Jahr 2023 gut – wenn auch volatil – angelaufen. Die Kapitalanlagen der Pensionskassen rentierten in den ersten vier Monaten mit +2.8%. Die jährliche Rendite für die vergangene Dekade lag bei rund 3.7%. Der durchschnittliche Deckungsgrad ist deshalb von 104.5% per Ende 2022 auf 106.8% per Ende April 2023 gestiegen. «Der positiven Entwicklung seit Anfang Jahr stehen jedoch weitere Herausforderungen gegenüber; darunter fallen die nach wie vor erhöhten Kerninflationsraten vieler Länder und die gesunkenen Wachstumsaussichten», warnen die Experten von Complementa.

Verzinsung des Vorsorgekapitals dürfte sinken

Die Pensionskassen haben das Vorsorgekapital der Arbeitnehmenden im Jahr 2022 – ausgehend vom guten Anlagejahr 2021 – mit durchschnittlich 2.0% verzinst. Damit lag die Verzinsung über der vom Bundesrat festgelegten BVG-Mindestverzinsung von 1.0%. Die Verzinsung für 2022 dürfte wohl deutlich tiefer liegen.

Technische Zinssätze steigen wieder

In den letzten Jahren wurde jeweils von technischen Zinssätzen (implizite Zinsversprechen für Rentner), die deutlich über dem effektiven Zinsniveau lagen, berichtet. Durch den jüngsten Zinsanstieg hat sich die Kluft verkleinert. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren haben die Pensionskassen die technischen Zinssätze teilweise erhöht. So liegen diese derzeit bei durchschnittlich 1.7%, wohingegen im letzten Jahr noch mit 1.6% kalkuliert wurde.

Umwandlungssätze werden weiter reduziert

Neben dem Zinsniveau sind Pensionskassen mit dem Anstieg der Lebenserwartung der Bevölkerung konfrontiert. Der langjährige Trend setzt sich fort: Mit durchschnittlich 5.3% liegt der Umwandlungssatz 2023 nochmals fast 0.1 Prozentpunkte tiefer als im Vorjahr. Die Pensionskassen entfernen sich damit weiter vom BVG-Mindestumwandlungssatz von 6.8% im Obligatorium, der insbesondere der gestiegenen Lebenserwartung nicht ausreichend Rechnung trägt. Gemäss Complementa liegt der versicherungstechnisch korrekte Umwandlungssatz mit einem technischen Zins von 1.75% bei 4.8%.

Ein zu hoch angesetzter Umwandlungssatz führt zu Pensionierungsverlusten, die jüngere Jahrgänge indirekt durch tiefere Verzinsungen bezahlen müssen. «Pensionskassen haben für die nächsten fünf Jahre bereits Reduktionen beschlossen, um dieser Umverteilung entgegenzuwirken. Dadurch dürfte der durchschnittliche Umwandlungssatz bis 2028 auf 5.0% sinken», weiss Complementa.

Pensionskassen sollten eine Rendite über dem Zielwert erreichen können

Complementa schätzt, dass Pensionskassen aktuell eine Rendite von mindestens 1.9% erwirtschaften müssen, um den Deckungsgrad konstant zu halten. Die Experten gehen aber davon aus, dass Pensionskassen mit dem aktuellen Anlagemix langfristig eine Rendite über diesem Zielwert erreichen können, wenngleich kurzfristige Schwankungen nie ausgeschlossen seien. Die höheren Renditeperspektiven müssten zudem im Kontext der gesunkenen Deckungsgrade gesehen werden, womit bei vielen Pensionskassen prospektiv auch eine weitere Äufnung von Reserven notwendig werde.

Anlagemix ist breit und diversifiziert

Pensionskassen setzen auf einen globalen und breit diversifizierten Anlagemix, wie aus der Studie weiter hervorgeht. Die Aktienquote lag per Ende 2022 mit 29.3% leicht über dem historischen Mittel der letzten 20 Jahre. Bedingt durch das tiefe Zinsniveau wurden die Obligationenbestände in den letzten zehn Jahren stark abgebaut. Während 2013 noch knapp die Hälfte des Vermögens als festverzinsliche Anlagen oder als Liquidität gehalten wurde, waren es Ende 2022 mit 36.3% (2021 mit 37.1%) deutlich weniger. Die freigewordenen Anteile verteilen sich seither auf Aktien, ausländische Immobilien und alternative Anlagen, wie Private Equity, Infrastrukturanlagen und Private Debt. Die Immobilienquote liegt bereits das fünfte Jahr in Folge über 20% (aktuell 24.3%), und auch alternative Anlagen haben sich in den letzten Jahren nahe bei 10% festgesetzt (aktuell 10.1%). Für das Anlagejahr 2022 weist Complementa zudem auf den «Basiseffekt» hin, welcher zum Anstieg von illiquiden Anlagen beigetragen habe. Die zweite Säule investiere ausserdem jeden zweiten Franken im Ausland, sagen die Experten, was dem Niveau der letzten Jahre entspreche, wobei die Pensionskassen die Währungsrisiken zu einem grossen Teil absichern würden. Das verbleibende Fremdwährungsrisiko beträgt aktuell 17.5%.

Diversifikation sollte auch hinsichtlich Bankbeziehungen geprüft werden

Nebst der Zinswende beschäftigt die Pensionskassen auch das Ereignis vom 19. März 2023: der Untergang der Credit Suisse. Da die Credit Suisse gemäss Complementa als sehr bedeutender Player für Schweizer Pensionskassen fungierte, etwa in der Vermögensverwaltung sowie der Verwahrung und der Kontoführung, beschäftige dieses Themenfeld die Pensionskassen deutlich. Ein generelles Bedenken sei etwa die Entwicklung der Wettbewerbssituation, beispielsweise durch eine Angebotsreduktion. Verschiedene Pensionskassen seien dem bisher durch die Auffächerung der bezogenen Bankdienstleistungen auf verschiedene Anbieter begegnet (Multi Custody-Ansatz). Dies sei ein zielführender Ansatz, sagt Complementa: «Die Diversifikation sollte nicht nur in Bezug auf die Asset Allokation, sondern auch in Bezug auf die Bankbeziehungen geprüft werden.»