Liberty News - Im Konkubinat zu leben birgt Vorsorgerisiken – vor allem für Mütter

Der Anteil an Konkubinatsfamilien ist im letzten Jahrzehnt steil angestiegen: Jedes fünfte Paar mit Kindern unter fünf Jahren ist inzwischen unverheiratet. Unverheiratete Mütter setzen sich damit häufig erheblichen Vorsorgerisiken aus.

Eine aktuelle Studie von Swiss Life beleuchtet die Vorsorgerisiken, die sich aufgrund von Teilzeitarbeit, Scheidung und Konkubinat ergeben. Sie zeigt: Die Erwerbsbiografien und Familienmodelle in der Schweiz sind im Umbruch – was insbesondere für Frauen Chancen, aber auch neue Herausforderungen für die Altersvorsorge mit sich bringt.

Anteil an Konkubinatsfamilien hat stark zugenommen

Der Anteil an Konkubinatsfamilien ist im letzten Jahrzehnt steil angestiegen: Jedes fünfte Paar mit Kindern unter fünf Jahren ist inzwischen unverheiratet, 2010 war es erst gut jedes zehnte. Bezüglich der Erwerbstätigkeit zeigen sich nach wie vor ausgeprägte Rollenbilder: Väter arbeiten hierzulande in einem um rund 40 Prozentpunkte höheren Pensum als Mütter. Wenn Väter und Mütter jedoch frei wählen könnten, würde sich dieser Unterschied mehr als halbieren.

Auch die Scheidungswahrscheinlichkeit wird unterschätzt

Jede Ehe wird durch Scheidung oder Tod enden. Die Befragten unterschätzen jedoch das Risiko, dass die eigene Ehe geschieden werden könnte: Sie bewerten es durchschnittlich ähnlich hoch wie das eigene Verwitwungsrisiko vor der Pensionierung. Tatsächlich werden im Erwerbsalter aber etwa 4.5-mal so viele Frauen geschieden, als dass sie verwitwen. Es beschäftigen sich ausserdem nur 26% der verheirateten Männer und 19% der Frauen eingehend damit, wie sich eine Scheidung auf ihre Altersvorsorge auswirken würde, obwohl eine Scheidung oft für beide Ex-Eheleute negative finanzielle Folgen hätte. Frauen sind im Mittel stärker betroffen: Bei den heutigen geschiedenen Pensionierten beträgt der Gender Pension Gap etwa 15%.

Rollenbilder prägen die Erwerbsbeteiligung nach wie vor

Gründe für die Geschlechterunterschiede bei der Arbeitsmarktbeteiligung gibt es laut den Studienautoren verschiedene. Einerseits zeigen sich klare Rollenbilder: Die Befragten finden durchschnittlich, dass für Mütter von kleinen Kindern ein Pensum von 50% ideal sei, bei Vätern eines von 80%. Andererseits sind die Geschlechterdifferenzen beim Erwerbspensum gemäss den Idealvorstellungen der Bevölkerung geringer als die tatsächlich beobachteten. Wenn sie frei wählen könnten, würden Väter in einem tieferen Durchschnittspensum arbeiten (74%), als sie es effektiv tun (93%), Mütter hingegen leicht mehr (58% statt effektiv 54%). Dies deutet darauf hin, dass nicht nur Präferenzen oder Rollenbilder für die Beteiligung am Arbeitsmarkt verantwortlich sind, sondern auch Sachzwänge. So zeigt die Umfrage, dass etwa ein Drittel der nicht oder Teilzeit erwerbstätigen Mütter zu wenige oder zu teure Krippenplätze bzw. ausserschulische Betreuungsmöglichkeiten als Grund aufführt, weshalb nicht oder nur Teilzeit gearbeitet wird.

Tiefere Lebenserwerbseinkommen von Frauen begründen den Gender Pension Gap

Zentral für den Gender Pension Gap sind die unterschiedlich hohen Lebenserwerbseinkommen von Frauen und Männern, was primär eine Folge der Pensumsreduktion von Müttern ist. Zwar sank die durchschnittliche Geschlechterdifferenz beim Erwerbspensum zwischen 1996 und 2022 von etwa 40 auf 24 Prozentpunkte. «Und sie dürfte sich weiter verkleinern, verschwinden wird sie jedoch auf absehbare Zeit nicht», so Studienleiter Andreas Christen. Tiefere Erwerbseinkommen führen besonders in der beruflichen Vorsorge zu tieferen Renten, schränken aber auch Sparmöglichkeiten in der dritten Säule ein. Gemäss Swiss Life-Umfrage zahlen Frauen – vor allem einkommensbedingt – seltener in die Säule 3a ein als Männer (56% vs. 65%). Und sie investieren, auch unabhängig vom Einkommen, seltener in Anlagen wie Aktien, Obligationen oder Fonds (22% vs. 38%).

Was bedeutet das Pensum für die Altersvorsorge?

«Solange bei Arbeitsmarktbeteiligung und Erwerbseinkommen grössere Geschlechterdifferenzen bestehen, werden wir um Jahre verzögert auch bei den Renten im Alter Unterschiede beobachten», hält Co-Autorin Nadia Myohl fest. Allerdings hat sich nur eine Minderheit der befragten Frauen (37%) und Männer (41%) gemäss eigenen Angaben vertieft damit auseinandergesetzt, welche Folgen das Erwerbspensum für ihre Altersvorsorge hat. Diejenigen Frauen, die dies tun, arbeiten in durchschnittlich etwa 6 Prozentpunkte höheren Pensen als diejenigen, die dies nicht tun. Es ist allerdings nicht klar, ob effektiv die Auseinandersetzung mit dem Thema zu höheren Pensen führt oder ob dies andere Gründe hat.

Teilzeittätige Mütter in Konkubinatsfamilien tragen mehr Vorsorgerisiken

Immer mehr Elternpaare bleiben zumindest anfänglich unverheiratet. Unverheiratete Mütter mit Partner und Kindern unter 15 Jahren arbeiten durchschnittlich in einem 58%-Pensum und sind damit etwas stärker auf dem Arbeitsmarkt präsent als verheiratete (45%) – aber klar schwächer als Väter (rund 90%). Die starke Zunahme dieser Konstellationen führt zu neuen vorsorgetechnischen Herausforderungen, da teilzeitarbeitende Mütter in Konkubinatshaushalten im Trennungs- oder im Todesfall des Partners schlechter abgesichert sind als verheiratete.

Theoretisch lassen sich solche Lücken im Rahmen der privaten Vorsorge und vertraglicher Vereinbarungen verkleinern. Ob dies allerdings hinreichend geschieht, ist zumindest fraglich. «Gemäss unserer Umfrage setzen sich auch Konkubinatseltern nur selten vertieft mit den für sie relevanten Vorsorgefragen auseinander», sagt Christen.