Liberty News - Die erste Säule wird digital

Die Digitalisierung der Sozialversicherungen schreitet voran. Dabei birgt die Koordination der zahlreichen Informatiksysteme gewisse Herausforderungen. Oft müssen auch die Rechtsgrundlagen angepasst werden. Das BSV gibt eine Übersicht.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) treibt die Digitalisierung der ersten Säule und der Familienzulagen mit mehreren Projekten voran. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Zentrale Ausgleichsstelle, wie Leila Lamti in der aktuellen Ausgabe von «Soziale Sicherheit CHSS» berichtet.

Eine digitale Transformations- und Innovationsstrategie ist unverzichtbar

Lamti hebt hervor, dass eine digitale Transformations- und Innovationsstrategie (DTI) für die öffentlichen Verwaltungen und damit auch für die Sozialversicherungen heute unverzichtbar sei. Als Regulierungs- und Aufsichtsorgan habe das BSV unter anderem dafür zu sorgen, dass das System wirksam und effizient ausgestaltet sei und die Erwartungen von Versicherten und Dritten, wie Unternehmen, Ärzteschaft oder medizinischen Fachpersonen der Invalidenversicherung, an digitale Dienstleistungen erfülle. Das BSV entwickle die digitalen Angebote in enger Zusammenarbeit mit der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) und den Durchführungsstellen.

Vier Anforderungen begründen die digitale Transformation

  1. Der Informationsaustausch mit Versicherten und Dritten erfolgt vorzugsweise über digitale Kanäle. Die Art der Kommunikation (Sprache, Format, Kanal) richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen, den Ansprüchen und dem Wissen der Personen und Organisationen, mit denen eine Geschäftsverbindung besteht.
  2. Die Geschäftsprozesse werden im Rahmen von Digitalisierungsprojekten optimiert, um eine möglichst einfache und zuverlässige Bearbeitung der Sozialversicherungsleistungen zu gewährleisten.
  3. Die Kosten für die Bereitstellung digitaler Dienste werden aus öffentlichen Mitteln und durch die AHV-Beitragspflichtigen finanziert (Beitragszahlungen für die Verwaltungskosten der Ausgleichskassen). Die Dienste sollen effizient und so wirtschaftlich wie möglich sein. Die Kostentransparenz muss gewährleistet sein.
  4. Der Schutz der persönlichen Informationen und der Integrität der verarbeiteten Daten ist zentral.

Digitalisierungsstrategie basiert auf mehreren Projekten

Zur Umsetzung der Digitalisierungsstrategie wurden mehrere Projekte lanciert – mit dem Ziel, die nationalen Informationssysteme der ersten Säule und der Familienzulagen auszubauen und den Bedürfnissen von Versicherten und Dritten zu entsprechen.

Bereits umgesetzt sind kantonale Online-Plattformen zur Bearbeitung von Rechnungen der Invalidenversicherung (IV): Zusätzlich zu den Papierformularen können die IV-Versicherten neu kantonale Zugangsportale nutzen, über die sie ihre Rückerstattungsanträge für individuelle Leistungen (Hörgeräte, Reisekosten usw.) einreichen. Mit den Online-Portalen konnten die Rückerstattungsfristen von zwei Monaten auf eine Woche verkürzt werden. Zudem hat sich der administrative Aufwand der IV-Stellen und der ZAS, die für die Zahlungen zuständig ist, verringert.

Ebenfalls in der Pipeline ist eine digitale Plattform für den Austausch zwischen den IV-Stellen und den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Dadurch soll die Kommunikation verbessert und die Dossierbearbeitung beschleunigt werden.

Für die Leistungsabrechnung im Bereich der Erwerbsersatzordnung (EO) tauschen sich Versicherte und Arbeitgeber mit den Ausgleichskassen aus. Im Rahmen des laufenden Digitalisierungsprojekts wird Versicherten und Arbeitgebern künftig eine Online-Lösung mit einer digitalen Identifikation (E-ID) angeboten. Sie können darüber Auskünfte einholen und sich mit den für die Erwerbsausfallentschädigung zuständigen Stellen austauschen. Der Papieraustausch zwischen den Akteuren entfällt dadurch. Der elektronische Austausch soll die Bearbeitungsqualität erhöhen und sowohl die Kosten als auch die Bearbeitungsfristen senken.

Im Bereich der AHV-Beiträge sollen Versicherte eine bessere Übersicht über die einbezahlten Beiträge erhalten. Das Projekt Mosar sieht dazu einen Online-Zugang zu den Auszügen aus den individuellen Konten vor.

Elektronische Sozialversicherungsplattform ermöglicht Interaktion

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt für eine elektronische Sozialversicherungsplattform. Über eine künftige «Online-Plattform Sozialversicherungen» werden Versicherte und Dritte anhand einer eindeutigen digitalen Identität mit allen Sozialversicherungen der ersten Säule und den für die Familienzulagen zuständigen Kassen interagieren können. Dank der E-ID werden künftig alle verfügbaren oder sich in Entwicklung befindenden digitalen Dienste der einzelnen Durchführungsstellen unter einem Dach vereint sein. Das System wird den Antrag automatisch an die zuständige Durchführungsstelle weiterleiten, die ihn bearbeitet und den Austausch mit Versicherten und Dritten übernimmt. Mit der Finanzierung durch die von Bund und Kantonen getragene Zusammenarbeitsorganisation «Digitale Verwaltung Schweiz» konnte bereits ein Prototyp für den Austausch zwischen dem zentralen Portal und dem Portal der Ausgleichskassen entwickelt werden.

Gesetzesgrundlagen werden angepasst

Um die unterschiedlichen Anforderungen dieser Digitalisierungsprojekte zu erfüllen, werden die Gesetzesgrundlagen, die die digitale Kommunikation in den Sozialversicherungen der ersten Säule und den Familienzulagen regeln, angepasst. Die Anpassungen sind Gegenstand einer Gesetzesrevision.