Liberty News - Das Börsenjahr 2023 dürfte ein Jahr der Chancen werden
Nach einem fulminanten Börsenjahr 2021 lösten Inflation, steigende Zinsen sowie geopolitische Spannungen 2022 eine weltweite Börsenbaisse aus. Vorsorgesparer erlitten auf ihren Wertschriften erhebliche Verluste. Wie sollen sie darauf reagieren?
Nachdem bereits das Jahr 2022 aufgrund der hohen Inflation, der stark steigenden Zinsen und des Kriegs in der Ukraine ganz im Zeichen des Bären stand, dürfte dieser vorerst noch weiter regieren. Davon gehen Anlageexperten wie etwa Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer von Raiffeisen Schweiz aus. Und er erklärt: «Auch wenn die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat, rechnen wir nicht mit einem raschen Rückgang in Richtung der Notenbankziele von 2.0%. Damit bleibt der geldpolitische Gegenwind bis auf Weiteres bestehen.»
Börsen stehen weiterhin unter Druck
Die deutlich gestiegenen Zinsen und die hohe Inflation hinterlassen ihre Spuren: Das Konsumentenvertrauen ist angeschlagen und die Investitionstätigkeit der Unternehmen nimmt ab. Auch die konjunkturellen Vorlaufindikatoren deuten auf eine erhebliche Wachstumsverlangsamung hin. Europa dürfte sich aktuell in einer technischen Rezession befinden. Für die Schweiz und die USA rechnet Raiffeisen im laufenden Jahr mit einem geringfügigen Wachstum. Die Zeichen stehen somit auf Stagflation.
Vorsorgegelder korrelieren mit der Börsenentwicklung
Für Anleger und Vorsorgesparer ist diese Entwicklung schlecht. Gemäss aktueller Sozialversicherungsstatistik des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) hat das Volumen der Vorsorgegelder bei Pensionskassen (2020: CHF 1'064,6 Milliarden), Lebensversicherern (CHF 186,2 Milliarden) und der AHV (CHF 47,2 Milliarden) in den letzten Jahren stark zugenommen. Auch die eigenverantwortlich verwalteten Vorsorgegelder der Versicherten sind seit dem Jahr 2000 stark angestiegen. So betrug das Volumen der Freizügigkeitsgelder aus Pensionskassen 2020 rund 50,7 Milliarden Franken, dasjenige in der Säule 3a gar 135,2 Milliarden Franken.
Viele Vorsorgesparer bleiben bei der gewählten Anlagestrategie
Trotz der Grösse der exponierten Vorsorgevermögen haben viele Vorsorgesparer 2022 gelassen auf die Börsenentwicklung reagiert: Sie haben die gewählte Anlagestrategie und den Aktienanteil des Vorsorgevermögens nicht oder nicht wesentlich verändert, weiss Oliver Bienek, CEO von Liberty Vorsorge. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Kunden mit einem Aktienanteil von 40%-50% mehrheitlich ausgewogen investiert sind. Laut Bienek gilt dies sowohl für die Wertschriftendepots bei den Freizügigkeitsgeldern und den 1e-Lösungen als auch für die Säule 3a. Ausserdem seien 30% bis 40% der Kunden bei den Freizügigkeitsgeldern und den 3a-Geldern in Kontolösungen investiert.
Temporäre Rücksetzer belasten die Aktienmärkte weiterhin
Für die Aktienmärkte rechnet Raiffeisen mit anhaltend hohen Schwankungen. Die Bewertungskorrektur aufgrund der deutlich gestiegenen Zinsen sei zwar mittlerweile weitgehend abgeschlossen. Aufgrund der konjunkturellen sowie geopolitischen Unsicherheiten und den trotzdem noch sehr optimistischen Gewinnerwartungen rechnen die Anlagestrategen im ersten Halbjahr 2023 aber mit weiteren temporären Rücksetzern an den Aktienmärkten: «Erst wenn die Anpassungsprozesse stattgefunden haben, dürften sich bei Aktien interessante Kaufgelegenheiten eröffnen.»
Opportunitäten bieten sich bei Anleihen
Anlagechancen sehen die Anlagestrategen von Raiffeisen aufgrund des Zinsanstiegs der vergangenen Monate bei Obligationen: «Die Anlageklasse, die aufgrund der Negativzinsen in den vergangenen Jahren immer unattraktiver wurde, bietet mittlerweile wieder ansehnliche Renditen. Da ein Ende der Zinserhöhungszyklen absehbar ist, dürfte die Korrektur bei den Anleihen weitgehend abgeschlossen sein.» Vor allem im Falle einer Rezession würden sichere Staatsanleihen einen guten Schutz bieten: «Die Korrelation zu den Aktien dürfte sinken und damit treten die Diversifikationseigenschaften von Anleihen wieder in den Fokus.» Sie empfehlen Staats- und Unternehmensanleihen von hoher Qualität. Bei Hochzinsanleihen sind sie zurückhaltend, denn für hochverschuldete Unternehmen sei die Kombination aus höheren Zinsen und einer schwachen Wirtschaftsdynamik toxisch.
Langfristig investierte Vorsorgegelder entwickeln sich vorteilhaft
So belastend das Börsenjahr 2022 auch war, so vorteilhaft war die Börsenentwicklung doch über einen längeren Zeitraum betrachtet. Der Pictet-BVG-Index 40 etwa, der die Performance eines Vermögens mit 40% Aktien und 60% Obligationen misst, lag Ende November 2022 rund 15% im Minus. Dank des guten Börsenjahres 2021 beträgt der Rückgang über zwei Jahre gesehen aber nur rund 3%. Seit 2005 gesehen, als der Index lanciert wurde, resultiert ein Wertzuwachs von 3.1%.
Oliver Bienek empfiehlt Vorsorgegelder mit einem langfristigen Zeithorizont zu investieren und sich nicht von zwischenzeitlichen Einbrüchen beeinflussen zu lassen. Insbesondere von Market Timing und Trading sollte Abstand genommen werden.