Liberty News - Der Eigenmietwert wird abgeschafft

Das Schweizer Stimmvolk hat sich mit klarer Mehrheit für die Abschaffung des Eigenmietwerts sowie einen grossen Teil der damit verbundenen Abzüge ausgesprochen. Der Systemwechsel dürfte die Preisentwicklung leicht stützen und den Anstieg der Hypothekarverschuldung bremsen.

Am 28. September 2025 hat das Schweizer Stimmvolk die Abschaffung des Eigenmietwerts beschlossen und gleichzeitig den Kantonen die Kompetenz verliehen, eine Objektsteuer auf Zweitliegenschaften einzuführen. Das Verdikt fiel deutlich aus: 57.7% der Wähler stimmten der Vorlage zu, und das Ständemehr wurde klar erreicht.

Dies sind die Eckpunkte des neuen Steuersystems, welche die Ökonomen der UBS Switzerland AG zusammengefasst haben:

• Der Eigenmietwert wurde für Erst- und Zweitwohnsitze abgeschafft.

• Unterhaltskosten: Der Abzug entfällt bei selbstgenutztem Wohneigentum (Erst- und Zweitwohnsitz). Bei vermieteten und verpachteten Liegenschaften bleibt er bestehen.

• Private Schuldzinsen: Schuldzinsen für Hypotheken, Lombard- und Konsumkredite sind nicht mehr steuerlich abzugsfähig. Eine Ausnahme bilden Schuldzinsen für nicht selbstgenutzte Liegenschaften – diese sind jedoch nur im Umfang der Quote der betroffenen Immobilienwerte zum Gesamtvermögen abzugsfähig.

• Andere Abzüge: Auf Bundesebene können keine Abzüge mehr für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen sowie Rückbaukosten geltend gemacht werden. Ein Abzug für Denkmalpflege ist auf Bundes- und Kantonsebene weiterhin möglich.

• Ersterwerb: Für Ersterwerberinnen und -erwerber von selbstgenutztem Wohneigentum wird ein begrenzter und befristeter Schuldzinsabzug eingeführt. Im ersten Jahr nach Erwerb sind maximal 10’000 Franken abzugsfähig (bei Verheirateten, ansonsten 5000 Franken). In den Folgejahren reduziert sich der maximal abzugsfähige Betrag jährlich um 10% des Höchstbetrags.

• Gleichzeitig wird eine Objektsteuer auf Zweitliegenschaften als neue Verfassungskompetenz für die Kantone eingeführt. Damit sollen insbesondere die Tourismuskantone die Steuerausfälle durch den Wegfall des Eigenmietwerts kompensieren können.

Zeitpunkt des Systemwechsels noch unklar

Der Bundesrat hat nicht kommuniziert, wann der Systemwechsel erfolgen wird. Bei Anpassungen der Besteuerung gibt es üblicherweise eine Übergangsfrist von zwei bis drei Jahren. Zusätzlich müssen die Bergkantone eine allfällige Zweitwohnungssteuer zunächst ausgestalten und vom Stimmvolk genehmigen lassen. Daher ist nicht auszuschliessen, dass die Übergangsphase eine gewisse Zeit beanspruchen wird. Nach Einschätzung der UBS-Ökonomen dürfte der Systemwechsel frühestens im Jahr 2027 erfolgen.

Folgen für Eigentümer

Welche Auswirkungen die Abschaffung des Eigenmietwerts auf einen Haushalt hat, hängt vor allem von Standort, Hypothekarzinssatz, Belehnungsgrad und Renovationsbedarf ab.

Bei den aktuell tiefen Hypothekarzinsen dürften insbesondere Eigentümer von neuwertigen Wohnungen zu den Gewinnern der Steuerreform zählen. Ersterwerber profitieren zusätzlich vom Ersterwerberabzug der Schuldzinsen. Weniger begünstigt sind hingegen die Eigentümer sanierungsbedürftiger Altbauten – dies betrifft grob geschätzt rund ein Drittel aller Eigenheime. Auch Zweitwohnungseigentümer gehören voraussichtlich zu den schlechter gestellten Gruppen der Reform.

Unklare Folgen für Zweitwohnungseigentümer

Gemäss Angaben der Eidgenössischen Steuerverwaltung führt die Abschaffung des Eigenmietwerts bei Zweitwohnungen beim aktuellen Hypothekarzinssatz zu Mindereinnahmen von rund 300 Millionen Franken pro Jahr. Diese Zahl ist jedoch mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Um die Steuerausfälle zu kompensieren, dürfen die Kantone auf überwiegend selbstgenutzte Zweitwohnungen eine Objektsteuer erheben und entscheiden autonom über deren Einführung und Höhe.

Nach Schätzungen der UBS-Ökonomen, basierend auf der bisherigen Eigenmietwertbesteuerung, liegt die Steuerbelastung in Tourismusdestinationen aktuell im Durchschnitt bei rund 0.4% des Angebotspreisniveaus, wobei die Unterschiede zwischen den einzelnen Destinationen gross sind. Aus finanziellen Gründen können die Bergkantone kaum auf diese Einnahmen verzichten. Wie hoch die Steuerbelastung für Eigentümer tatsächlich ausfallen wird, zeigt sich jedoch erst mit der Ausarbeitung der kantonalen Gesetzgebung.

Niedrigere Zinsen – mehr Gewinner

Je niedriger die Hypothekarzinsen und die Belehnungsquoten sind, desto mehr Haushalte profitieren von der Abschaffung des Eigenmietwerts. Nur bei Hypothekarzinsen von über 2% und einer hohen Belehnung war das alte System für Eigentümer eines neuwertigen Objekts vorteilhafter.

Folgen für die Volkswirtschaft

Bei den aktuellen Hypothekarzinsen dürfte der Systemwechsel kurzfristig zu leicht höheren Immobilienpreisen führen. Laut Eidgenössischem Finanzdepartement (EFD) entstehen durch die Abschaffung des Eigenmietwerts bei Bund, Kantonen und Gemeinden jährliche Steuerausfälle von rund 2 Milliarden Franken. Die UBS-Ökonomen rechnen insgesamt mit zusätzlichen Preissteigerungen in der Grössenordnung von 2% bis 3% in den nächsten Jahren. Sollten die Zinsen steigen, würden sich die Preisgewinne allerdings rasch wieder relativieren.

Bei Altbauten ist mit einer gebremsten Wertentwicklung zu rechnen, da Unterhaltskosten nicht mehr abzugsfähig sind.

Weniger Hypothekarwachstum

Der Systemwechsel könnte das Wachstum der Hypothekarverschuldung bremsen. Bisher reduzierte der Schuldzinsabzug beim Eigenmietwert die Zinskosten über die Einkommenssteuern um etwa ein Viertel. Durch den Wegfall dürfte die Amortisationsrate insgesamt leicht steigen. Aus makroprudenzieller Sicht ist die Wirkung jedoch nicht eindeutig, da das bisherige System die Auswirkungen von Zinsveränderungen auf den Eigenheimmarkt dämpfte.

Niedrigere Steuereinnahmen

Die geschätzten Steuerausfälle auf allen Staatsebenen entsprechen beim heutigen Zinsniveau etwa 1% bis 1.5% der gesamten Steuererträge. Rund drei Viertel dieses Minderertrags entfallen auf Kantone und Gemeinden. Die wahrscheinlichste Kompensationsmassnahme ist die Einführung von Objektsteuern auf Zweitliegenschaften. Mittel- bis langfristig sind auch Steuerfusserhöhungen oder Leistungskürzungen denkbar. Steigen die Hypothekarzinsen in Zukunft wieder auf 2.5% bis 3%, würde die öffentliche Hand dagegen zu den Gewinnern der Reform zählen.

Umfangreiche energetische Sanierungen kaum vorteilhaft

Ohne Steuerabzug für Instandsetzung und ohne energetische Abzüge auf Bundesebene sinkt der finanzielle Anreiz für ökologische Sanierungen deutlich. Bisher waren umfassende Sanierungen, wie beispielsweise eine Fassadendämmung in Verbindung mit dem Ersatz einer fossilen Heizung durch eine Wärmepumpe, bei Einfamilienhäusern dank Steuerabzügen und Subventionen (knapp) innerhalb der Lebensdauer der Investition amortisierbar. Im neuen System werden solche Vorhaben ohne steuerliche Abzugsmöglichkeiten rechnerisch eher zum Verlustgeschäft.

Netto-Null-Ziel wohl nicht zusätzlich gefährdet

Die Abschaffung der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten gefährdet das Ziel der CO2-Neutralität nicht grundsätzlich, verlangsamt jedoch die Beschleunigung energetischer Sanierungen. Eine einfache Sanierung, wie der Ersatz einer fossilen Heizung durch eine Wärmepumpe bei Einfamilienhäusern, bleibt bei den aktuellen Energiepreisen auch ohne Steuerabzug finanziell attraktiv. Zwischen der Höhe der Subventionen und der Ersatzquote für Heizungen besteht kein ausgeprägter Zusammenhang, sodass der Steuerabzug für den Investitionsentscheid eine untergeordnete Rolle spielt. Zusatzinvestitionen in die Energieeffizienz werden jedoch aus Kostengründen voraussichtlich häufiger aufgeschoben.

Handlungsempfehlungen der UBS-Ökonomen

Nach dem Systemwechsel entfällt die Möglichkeit, Hypotheken zur Steueroptimierung zu nutzen. Dies schafft einen Anreiz zur Amortisation, um die Zinslast zu senken. Allerdings bindet ein Eigenheim langfristig viel Eigenkapital und birgt ein Klumpenrisiko für die Vermögensentwicklung. Eine konstante, moderate Belehnungsquote fördert die Diversifikation und schafft Spielraum für renditestärkere Anlagen. Mit Investitionen in Finanzanlagen lassen sich langfristig oft höhere Renditen erzielen als die Hypothekarzinsen kosten. Allerdings sind damit auch Risiken verbunden: Zinsanstiege können die Finanzierung verteuern und den Immobilienwert mindern, während Anlageportfolios Wertschwankungen unterliegen. Eine Festhypothek erhöht die Planungssicherheit.